Für viele der Kinder und Jugendlichen ist dies das einzige Zuhause.

"Das ist mein Zuhause"

 

14 sind da an diesem Tag. 14 Burschen, die im Tageszentrum der Caritas in Alexandria Erholung finden vom Leben auf der Straße.

Als erstes wechseln sie ihre schmutzige Kleidung gegen saubere Sachen und nutzen die Möglichkeit, sich zu duschen. Danach können sie die vielfältigen Beschäftigungsangebote wie handwerkliche Arbeiten, Computer spielen oder Fußball spielen nutzen. Wenn sie zu müde und erschöpft sind, können sie sich einfach nur ausruhen. Und natürlich essen. Ein Arzt sowie eine Psychologin stehen den Kindern und Jugendlichen ebenfalls zur Verfügung. Am wichtigsten ist jedoch die Zuwendung und das Wissen: Ich muss hier nicht schauspielern und betteln, damit sich jemand meiner annimmt, wie es auf der Straße der Fall ist. Viele von ihnen kommen regelmäßig her, sie haben Vertrauen gefasst in die SozialarbeiterInnen, die ihnen Verständnis und Zuwendung entgegenbringen statt Ablehnung und Verachtung. Die Kinder – manche von ihnen erst 6 Jahre alt – sind in den meisten Fällen vor Misshandlung und Vernachlässigung oder vor extremer Armut ihrer Familien geflohen und führen ein Leben im Schatten der Metropole: Schlafplatzsuche, Betteln um Essen und Flucht vor der Polizei prägen ihren Alltag.

 

Mit dem im Jahr 2012 neu eröffneten Tageszentrum wurde ein Traum wahr für Hany Maurice, dem Projektleiter der Straßenkinderprojekte. Seit vielen Jahren setzt er sich unermüdlich für die Verbesserung der Lebenssituation dieser von Gesellschaft und Familie verstoßenen Kinder ein. Mittlerweile gibt es ein starkes Netzwerk zum Schutz der Kinder, das die Thematik bei Gesellschaft und Staat vorantreibt und das Verständnis fördert.

 

„Ziel unserer Arbeit ist es, dass möglichst viele Kinder in ihre Familien zurückkehren, aber nicht um jeden Preis“ erzählt mir Ahmed, Rechtsanwalt und Sozialarbeiter, der mit den Familien arbeitet und den Wiedereingliederungsprozess begleitet. „Wenn die Kinder zurück sind in den Familien, sind die Probleme bereits gelöst. Das bedeutet viel Aufklärungsarbeit, aber auch weiterführende Unterstützung und Begleitung der Familien. Die größte Herausforderung, so Ahmed, ist es, wenn die Familien die Kinder nicht zurücknehmen wollen, was nicht selten vorkommt.  Wenn Schutz und Sicherheit der Kinder nicht gesichert sind, wird nach Alternativen gesucht.  Eine davon ist die betreute Wohngemeinschaft im Obergeschoss des Hauses, in dem aktuell 17 Burschen wohnen. Sie können bleiben, bis sie ihre Ausbildung abgeschlossen haben und auf eigenen Beinen stehen können.  Manche von ihnen sind hier aufgewachsen. Ibrahim kam als 10jähriger und studiert mittlerweile. „Alles was ich weiß, habe ich hier gelernt. Das ist mein Zuhause.“ sagt er.

 

Fares ist seit 2 Wochen in der betreuten Wohngemeinschaft. Er ist noch ein Kleinkind, erst 5 Jahre alt. Seine Mutter hat ihn gebracht, mit der Bitte, sich um ihn zu kümmern. Bisher hat sie ihn nicht wieder abgeholt. Die Mutter lebt auf der Straße und Fares ist im Zentrum natürlich besser untergebracht und versorgt. Trotzdem hat er zwei Tage lang laut geweint, wie die Kollegen erzählen. Mittlerweile kann Fares zwar wieder lachen und er wird von den älteren Bewohnern liebevoll umsorgt, aber das Trauma, von seiner Mutter im Stich gelassen worden zu sein, wird Fares vermutlich lange begleiten. Die Psychologin und das Team unterstützen ihn nach Kräften. Fares wird wahrscheinlich lange bleiben.