SALZBURG. Die Brandstiftungen vom 7. April 2014 in zwei BettlerInnen-Schlafstätten im Salzburger Stadtteil Schallmoos zeigen, wie sich eine seit Monaten in Salzburg anhaltende aggressive Stimmungsmache gegen bettelnde Menschen auswirken kann. Die Plattform „Armut hat Platz“ verurteilt solche Taten von vermutlicher Selbstjustiz und plädiert für einen würdevolleren Umgang mit BettlerInnen.
Wenn zwei Lager, in denen bettelnde Menschen ihr weniges Hab und Gut verstauen, gleichzeitig und während ihrer Abwesenheit in Flammen aufgehen, ist der Verdacht einer gezielten Brandstiftung naheliegend. „Auch wenn von Seiten der Polizei eine Brandstiftung noch nicht offiziell bestätigt worden ist, ist das absichtliche Legen eines Feuers, um die Menschen am Rand der Gesellschaft zu vertreiben, auf das Schärfste zu verurteilen“, erklären die Mitglieder der Plattform „Armut hat Platz“.
Begünstigt wird ein solches Verhalten an Selbstjustiz unter anderem durch aggressive Stimmungsmache gegen BettlerInnen. Die Plattform „Armut hat Platz“ spricht sich deshalb für eine Versachlichung der Diskussion aus. Mag. Johannes Dines, Direktor der Caritas Salzburg, fordert die Einrichtung einer dauerhaften Notschlafstelle, ein Beratungsangebot und eine medizinische Basisversorgung, wie es das auch in anderen österreichischen Städten bereits gibt. So kann rechtzeitig auf Probleme reagiert werden, die sich daraus ergeben, wenn es für Bettler keine soziale Infrastruktur gibt. Klar ist, dass keiner dieser Menschen sein Schicksal ausgesucht hat. Die Lebenssituationen von ArmutsmigrantInnen können sich auch nur ändern, wenn sich Wirtschafts-, Sozial-, Gesundheits- und Bildungsstrukturen in den Herkunftsregionen verbessern. Hier ist eine breite Auseinandersetzung mit der Situation in diesen Regionen notwendig. Wir werden uns darauf einstellen müssen, dass BettlerInnen in den nächsten Jahren zu unserem Stadtbild gehören werden.
Solange sich die Gegebenheiten in den Herkunftsländern aber nicht ändern, sollte die wertschätzende Begegnung mit den verarmten europäischen Mitbürgern ein ethisches Mindestgebot sein. „Der Vorfall macht deutlich, dass wir eine Diskussion über Bettlergebote für eine Zivilgesellschaft brauchen, mehr als eine Diskussion über Bettelverbote. Ein derartiges Gebot der Stunde ist es, Menschen, die mit Betteln ihr Überleben sichern, würdevoll und wertschätzend zu begegnen und sie in unsere Gesellschaft zu inkludieren“, erklärt MMag. Michael König, Geschäftsführer des Diakoniewerk Salzburg. „Das kann individuell bei einem freundlichen Blick beginnen und soll strukturell dazu führen, dass wir diesen Menschen Notschlafstellen und basale medizinische Versorgung zur Verfügung stellen.“
Die österreichische Gesellschaft ist jedenfalls stark genug, auch Bettlerinnen und Bettlern ihren Platz zu geben.
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