18. März 2011. Es gibt in der Stadt Sendai Menschen, die in den Notunterkünften schlafen, obwohl ihre Häuser während des Erdbebens Stärke 8.9 gar nicht eingestürzt sind. Sie tun das aus Angst und weil sie nicht allein sein wollen. Manchmal suchen sie tagsüber zwar noch ihre Häuser auf, aber zum Abendessen und Übernachten kehren sie wieder in die Notunterkünfte zurück.
Die Caritas Japan hat Helferinnen und Helfer kontaktiert, die psychosoziale Arbeit leisten können. Momentan liefert der Zivilschutz den Überlebenden der Katastrophe viele Dinge des täglichen Bedarfs. Doch nach der materiellen Versorgung werden die staatlichen Einsatzkräfte wieder abziehen und die betroffenen Menschen vergessen. Erst mit der Zeit werden dann Traumata und Einsamkeit zum Vorschein kommen. In etwa einem Monat sollen die psychologisch geschulten Kräfte mit ihrer Arbeit beginnen.
Bei der Verteilung von Lebensmitteln und Decken arbeitet die Caritas mit den Pfarren zusammen. In der Ausgabestelle in Nord-Sendai sind dabei heute fast die Nahrungsmittel ausgegangen. Es ist schwierig, Lebensmittel zu bekommen, weil die Geschäfte geschlossen sind. Wir mussten einen Priester nach Yamagata schicken, das ist die nächstgelegene Präfektur, um Rindfleisch, Kartoffeln, Karotten und Fleischbrühe zu kaufen. Daraus wird ein Eintopf für die Bebenopfer gekocht.
Mehr und mehr freiwillige Helferinnen und Helfer unterstützen uns bei der Arbeit. Bis nächste Woche dürften es 150 bis 200 sein. Nicht alle von ihnen kommen aus der Region, deshalb bitten wir die ortskundigen BewohnerInnen mit diesen Freiwilligen zusammenzuarbeiten.
Die Stadt Sendai liegt etwa 70 bis 100 Meilen vom Atomkraftwerk Fukushima entfernt, von dem nun die größte Gefahr droht. Ein Einheimischer hat mir erzählt, dass in dieser Jahreszeit der Wind von Norden nach Süden weht. Sendai liegt nördlich von Fukushima. Ich weiß nicht, ob dies den Tatsachen entspricht, aber heute sah ich ein Schild an einer Notunterkunft, das die Menschen wegen des bevorstehenden Regens davor warnte, nach draußen zu gehen.
Die Menschen in Sendai unterstützen einander so gut es geht und sprechen einander in dieser schweren Zeit Mut zu. Ständig verwenden sie das Wort "ganbaro!". Übersetzt heißt das so viel wie "Geben wir unser Bestes!”