Solidaritätsreise nach Ägypten vom 1.-8.5.2011 - 22.06.2011

Mit neuen Perspektiven in ein gutes Leben starten

Die Caritas hilft Menschen in Ägypten ihre Grundbedürfnisse zu stillen und ihre Ideen zu verwirklichen

Von Barbara Huttegger

SALZBURG/KAIRO/ALEXANDRIA (eds/ah - 17.06.2011) / Ihr Lieblingsfach in der Schule sei Französisch und wenn sie einmal erwachsen ist, wolle sie Lehrerin werden, erzählt die sechsjährige Aza. Das Mädchen trägt eine schicke Schuluniform, die Haare sind zu zwei Zöpfen zusammengebunden. Dieser Anblick lässt nicht erahnen von wo die junge Ägypterin herkommt. Sie wohnt im Slumviertel Haggana in Kairo. - Eine Gegend, in der Elend sichtbar ist: Müll häuft sich in den Gassen, vor den Häusern und überall, Wohnungen befinden sich teilweise in einem katastrophalen Zustand, sanitäre Anlagen sind rar. "Hier gibt es keine Infrastruktur", erzählt die Sozialarbeiterin Lucia Salgueiro. Die Caritas unterstützt in Haggana bedürftige Kinder, Frauen und Männer in mehreren Projekten, auch Aza. Sie darf aufgrund einer Patenschaft eine gute Schule der Barmherzigen Schwestern besuchen.

Ägypten gehört neben Syrien und dem Libanon zu den drei Schwerpunktländern der Caritas Salzburg Auslandshilfe. In dem nordafrikanischen Land werden Projekte in der Hauptstadt Kairo, in Alexandria sowie in Luxor haupt- bzw. mitfinanziert.

Kinder erfahren Aufmerksamkeit und Respekt

Ein Schwerpunkt der Hilfsorganisation in Ägypten ist die Arbeit mit Straßenkindern. "Wir schätzen, dass es rund eine Million Mädchen und Buben gibt, die kein Zuhause haben", sagt P. Nabil Gabriel, General-Direktor der Caritas Ägypten. Schwierige Familienverhältnisse wie Alkoholismus oder die finanzielle Situation daheim seien Gründe, warum die Kinder auf der Straße leben. Oft würden sie von zu Hause weggeschickt, weil die Wohnungen zu klein sind oder die Eltern ihre Söhne und Töchter nicht mehr versorgen können. Die Kinder begegnen auf der Straße vielen Gefahren wie Drogen oder Prostitution, weiß P. Nabil Gabriel. "Teilweise sind die Kleinen erst vier, fünf Jahre alt."

Anlaufstellen für die Mädchen und Buben sind die Einrichtungen der Caritas, z.B. das Straßenkinderzentrum "Kafr El Sissi" in Kairo. In dieser Gegend liegen Wohlstand und Elend nah beieinander: Während Touristen aus aller Welt in der unmittelbaren Nachbarschaft die Pyramiden von Gizeh bewundern, machen sich einige Meter davon entfernt junge Ägypter täglich Gedanken darüber, wie sie über die Runden kommen. "Bei uns erfahren die Kinder Aufmerksamkeit, Respekt und Liebe. Und sie dürfen endlich wieder lachen", erzählt der Direktor. So verbringt der Junge Fadi viele Tage im Straßenkinderzentrum in Kairo. Heute bastelt er gemeinsam mit einer Betreuerin Schmuck. Fadi ist schüchtern, sagen will er nichts, aber er lacht. "Die Kinder bekommen zu essen, können sich waschen und dürfen verschiedene Aktivitäten ausüben", sagt Stefan Maier, Leiter der Caritas Salzburg Auslandshilfe. Auch Alphabetisierungs- und Computerkurse werden angeboten.

Kind sein dürfen

Vier Stunden Autofahrt von Kairo entfernt befindet sich an der Mittelmeerküste Ägyptens Alexandria, Heimat von rund acht Millionen Menschen. Auch hier gehören obdachlose Mädchen und Buben zum gewohnten Stadtbild, im Sommer kommen zudem viele Straßenkinder aus Kairo aufgrund der angenehmeren Temperaturen nach Alexandria. Neben den Tageszentren sowie dem betreuten Wohnen gibt es in der Hafenstadt einen Bus, zu dem Straßenkinder kommen können, ab sechs Uhr abends bis in die Nachtstunden hinein ist diese Einrichtung geöffnet. "Im Sommer sind es bis zu 35 Kinder, die wir täglich betreuen", erzählt Hani Maurice von der Caritas Alexandria.

Elf Uhr Abends: Vor dem Bus sitzen fünf Buben an einem Tisch und genießen Vanillepudding. Ein Sozialarbeiter scherzt mit ihnen, sie lachen. Die Jungs wirken erschöpft, ihre Kleidung ist dreckig, blaue Flecken und Narben sind an den Armen und Beinen zu erkennen. Im Bus arbeitet neben den Sozialarbeitern, die mit den Kindern spielen, lernen und reden auch eine Krankenschwester mit. Im Innenraum des Fahrzeugs stechen einem sofort die diversen Malbücher und Comiczeitschriften ins Auge, Mickey Mouse scheint sehr beliebt zu sein. "Hier dürfen die Kleinen ihr Kindsein ausleben", ist Hani Maurice überzeugt und nimmt einen Jungen in den Arm.

Der Weg in die Selbstständigkeit

Ein weiteres Projekt der Caritas in Alexandria ist das Kleinkreditprogramm. Frauen und Männer werden auf ihrem Weg in die Selbstständigkeit begleitet: Sie haben die Idee für ein Gewerbe, die Banken geben ihnen jedoch aufgrund ihrer finanziellen Situation kein Geld. Durch das Mikrokreditprogramm bekommen die Ägypter ein Startkapital. "Mit diesem können sie die Materialen kaufen, die sie für ihr Unternehmen brauchen", erklärt die Projektleiterin Amal Sobhy. Diese Chance nutzte auch Khamis Hany. Der fünffache Vater konnte durch das Kleinkreditprogramm eine Weberei eröffnen, in der er nun Teppiche verkauft. Die Klienten verpflichten sich, einen Teil der Summe, die sie erhalten, wieder zurückzuzahlen. "Das Geld kommt in einen Topf, aus dem dann weitere Familien unterstützt werden", erklärt Stefan Maier.

Das Mädchen Aza aus Haggana in Kairo sowie Khamis Hany aus Alexandria sind nur zwei von vielen Menschen in Ägypten, die aufgrund der Hilfe der Caritas ein gutes bzw. besseres Leben führen können, weil ihnen Perspektiven eröffnet werden und sie die Chance bekommen, ihre Ideen zu verwirklichen.