Besuch des Caritas-Frauenhauses in Rayfoun, Libanon am Samstag, 26. Jänner 2013
Im Rahmen der Vorbereitungen meines Studienaufenthaltes im Libanon entstand schon zu Hause in Österreich, initiiert durch den Koordinator des Studienaustauschprogrammes und dessen Kontakt zum Caritas Salzburg-Nahost-Koordinator, die Idee, während meines Auslandsjahres das eine oder andere von der Caritas unterstützte Projekt im Libanon zu besuchen. Bei einem erstmaligen Besuch im Frauenhaus Rayfoun gemeinsam mit mehreren europäischen Studentinnen im November 2012 lernten wir Entstehung und Struktur des Projektes kennen und besichtigen das Gebäude und seine Räumlichkeiten. Außerdem hatten wir informative Gespräche und Präsentationen sowohl vom österreichischen Caritas Nahost-Koordinator als auch von libanesischen Mitarbeiterinnen vor Ort. Wir entschieden uns nach gemeinsamer Absprache, das Frauenhaus im Jänner erneut zu besuchen, um einerseits die dort lebenden Frauen und Kinder näher kennen zu lernen und andererseits auch von unserer Seite einen, wenn auch nicht finanziell, so doch sozialen Beitrag in Form von einer geplanten gemeinsamen Aktivität beizusteuern. So machten wir uns zu sechst mit dem Taxi von Beirut in den kleinen Ort Rayfoun, 22 km nördlich der libanesischen Hauptstadt, auf. Dort angekommen wurden wir schon freudig erwartet und in Empfang genommen. Die MitarbeiterInnen haben sich herzlich um uns gekümmert und uns alle benötigten Materialien wie Stifte, Plakatpapier, Musikanlage, etc. bereitgestellt. Unser Programm begann mit Kennenlern-Spielen, bei dem zunächst der Aufenthaltsraum als imaginäre Weltkarte diente und die verschiedenen Herkunftsländer - Philippinen, Äthiopien, Kenia, Kamerun, Irak, Bulgarien, u.a. durch die Frauen repräsentiert wurden. Es folgte ein Spiel im Kreis, bei dem man die Namen der nebenstehenden Personen nennen musste. Es kostete uns Studentinnen keine große Überzeugungskraft, die ungefähr dreißig Frauen und zehn Kinder verschiedenen Alters zum Singen eines afrikanischen Liedes und mehrerer einfacher Gruppentänze zu animieren. Da das Wetter nach langer Zeit wieder klar und sonnig war, konnten wir nach einer kurzen Pause draußen auf einem Vorplatz weitere Gruppenspiele wie "Donner-Wetter-Blitz" und "Gordischer Knoten" spielen, bei dem sowohl gemeinschaftliches Teamwork als auch sportlich-aktive Geschicklichkeit gefragt waren. Die BewohnerInnen des Caritas-Frauenhauses schienen über das abwechslungsreiche Programm erfreut zu sein und vielen sah man eine kindlich spielerische Begeisterung an. Schön war es vor allem, Gelegenheit zu bekommen, mit den Frauen und Kindern zu sprechen - in englischer, französischer oder arabischer Sprache bzw. einer Mischform. Facebook-Kontakte und Emailadressen wurden ausgetauscht, um gemeinsame Fotos zu versenden. Uns wurde erzählt, wie lange sich die Frauen schon im Libanon aufhalten, wie viele Monate sie bereits im Frauenhaus sind und welche Wünsche für die Zukunft erhofft werden: Familie und Kinder wieder sehen, den Ehemann treffen, nach Hause zurückkehren, ein Ende des langen Wartens.
Im Feedback-Gespräch mit einer Sozialarbeiterin des Hauses erfuhren wir von den langatmigen administrativen Anträgen und oft gesetzlich aussichtslosen Bedingungen vieler Frauen, die sich mit multiplen Nationalitäten oder nicht anerkannten Aufenthaltsgenehmigungen in oft prekären und komplizierten Rechtslagen befinden. Es ist daher nicht verwunderlich, dass einige in einer Art lethargischer Gleichgültigkeit ihren Aufenthalt im Caritas-Frauenhaus in Rayfoun zu verbringen scheinen, an dem für sie jeder Tag dem anderen gleicht. Viele Frauen sehen oft keinen Grund dazu, aufzustehen und wissen trotz großen sozialen Angebots an Aktivitäten von Seiten der Organisation nicht so recht, was sie mit sich anfangen sollen.
In besonderer Erinnerung ist mir vor allem die Begegnung mit einer Irakerin und ihrer 14-jährigen Tochter geblieben, die sich trotz jungen Alters gut mit mir auf Englisch verständigen konnte. Die Mutter leidet an einer Herzkrankheit, der Vater, soweit ich verstehen konnte, sitzt in einem anderen Teil des Libanons fest, wie sie mir unter Tränen erzählte.
Auch wenn wir mit unserem Besuch, den wir unbedingt bald wiederholen möchten, zwar nicht die tristen Lebenslagen der Frauen und Kinder verbessern konnten, so hoffen wir doch, ihnen ein paar Stunden Abwechslung und Unbeschwertheit beschert zu haben.
Lisa Lenz, Beirut am 15. Februar 2013