Die Not im Verborgenen

Wie kann man Kinderarmut in einer so reichen Gesellschaft wie Salzburg definieren? Gibt es so etwas wie das typische Gesicht der Kinderarmut?

Es ist schwierig, das so eindeutig zu benennen. Was uns aber stark auffällt, ist die Not im Verborgenen. Wir stellen fest, dass sehr viele Familien, die wir betreuen, Angst oder auch Scham haben, ihre Situation nach außen zu tragen. Wir merken dann, dass bei Kindern ein starker Druck vorherrscht. Ein Beispiel aus der letzten Zeit war, dass ein Schulkind einfach keine Möglichkeit gesehen hat, zuzugeben, dass ihm für die Erledigung der Schulaufgaben ein Laptop fehlte. Auch in der Schule war die Scham zu groß, das zuzugeben, obwohl die Hausaufgaben online zu erledigen waren. Wir konnten dann über den Verein „Kinder haben Zukunft“ eine Lösung finden.

Kinderarmut und Laptop. Passt das zusammen?

Wenn man die Hintergründe und Auswirkungen berücksichtigt, muss man das so sehen. Der Hintergrund ist ja materielle Armut. Und die Auswirkung ist dann ein enormer Druck für das Kind, eine soziale Ausgrenzung in der Schule, um die Frage des Mithalten-Könnens. Wir forcieren daher auch die Zusammenarbeit mit den Schulen und Kindergärten, um solche Ausgrenzungssituationen möglichst zu vermeiden. Armut heißt ja auch soziale Ausgrenzung, die Kinder besonders stark spüren.

Man spricht im Zusammenhang mit Armut immer wieder von der „Vererbung der Armut“, dass also aus armen Kindern oftmals auch arme Erwachsene werden. Wie sind hier Ihre Erfahrungswerte? Gibt es also sogenannte Armutskarrieren?

Wir stellen das fest, aber nicht sehr oft. Dass sich Armut über Generationen vererbt, kommt sicherlich vor, aber es ist nicht die Mehrheit. Es sind eher Einzelfälle, die uns hier auffallen.

Sie sind seit 20 Jahren im Bereich der Kinder- und Jugendhilfe tätig. Welche Veränderungen waren in dieser Zeit beobachtbar?

Gebessert hat sich nach einer gesetzlichen Änderung im Jahr 2010 die Situation im Bereich des Unterhaltsvorschusses. Dieser kann nun leichter gewährt werden, was den Betroffenen, größtenteils Müttern, sehr hilft. Im sozialarbeiterischen Bereich haben wir ein breites und gutes Netzwerk zwischen dem Land und privaten Hilfsorganisationen aufgebaut, damit wir besser Lösungen für betroffene Familien finden können.

Sie betreuen auch viele Jugendliche, die bereits 16, 17 Jahre alt sind. Was ist denn aus Ihrer Sicht im Sinne einer sozialen Integration in diesem Alter noch möglich, welche…

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Das Interview führte Robert Buggler, Mitarbeiter der Caritas-Grundlagenarbeit